Infolge der pragmatischen Wende in der Germanistik werden die Arbeitsweisen der linguistischen Dialog- und Interaktionsforschung zunehmend mit sprachhistorischen Fragestellungen verknüpft empirische Erkenntnisse zur heutigen gesprochenen Sprache sollen helfen, Strukturen gesprochener Sprache früherer Epochen zu rekonstruieren. Die Beiträge des Bandes loten die Möglichkeiten und Grenzen interaktionaler, dialogischer bzw. nähesprachlicher Analysen historischer Texte aus. Die linguistischen Beiträge fokussieren Analysemethoden zur Erforschung von Nähesprachlichkeit, die literaturwissenschaftlichen Arbeiten rhetorische Techniken und die ästhetische Inszenierung von Mündlichkeit.
I. Theoretische und methodische Grundlagen.- Wolfgang Imo & Jörg Wesche:
Sprechen und Gespräch. Nähe und Distanz in früheren Sprachstufen des
Deutschen (Einleitung).- Katrin Ortmann & Stefanie Dipper: Nähetexte
automatisch erkennen: Entwicklung eines linguistischen Scores für
konzeptionelle Mündlichkeit in historischen Texten.- Mathilde Hennig &
Joachim Jacob: Realisiert ein literarischer Dialog Mündlichkeit?
Linguistische und literarästhetische Überlegungen.- II. Nähe und Distanz in
Dramentexten.- Wolfgang Imo: Interaktionale Ellipsen: Nicht-finite
Prädikationskonstruktionen (NFPK) und Aposiopesen im Dramenwerk von Andreas
Gryphius.- Melissa Müller: O Himmel / ich fall über den hauffen Ach
warumb sterben wir Princesse nicht zusammen?: Die Interjektionen ach und o
im Dramenwerk von Andreas Gryphius.- Anke Detken: Wo ist denn der Hammer?
Rhetorische Repräsentation und historische Mündlichkeit im Schulactus von
Christian Gryphius.- Daniel Holzhacker: Leise Charakterisierung und
ästhetische Kohäsion Zu literarästhetischen Funktionen von Ellipsen in
Georg Büchners Woyzeck.- III. Nähe und Distanz in Gesprächsliteratur.-
Bernhard Jahn: Bauern im Gespräch Zur Dramaturgie des Gesprächs in
Flugschriften des
16. Jahrhunderts.- Julius Thelen: Thomasius
Monatsgespräche, der Dialog in der frühen Neuzeit und die kommunikative
Vernunft.- Dirk Rose: Streitschrift / Streitgespräch.
Wolfgang Imo ist Professor für germanistische Linguistik an der Universität Hamburg.
Jörg Wesche ist Professor für Neuere deutsche Literaturwissenschaft und Digital Humanities an der Universität Göttingen.